Evolution: Einzelheiten zu Hypothesen über die Uratmosphäre

Gegenwärtig werden meist mehrere Stadien einer „Evolution“ der Erdatmosphäre vorgeschlagen (G. H. Shaw: Earth‘s atmosphere - Hadean to early Proterozoic. In: Chemie der Erde. Bd. 68, Nr.3, 2008, S. 235-264); in Grundzügen für die Phasen bis zur Lebensentstehung: Erste Atmosphäre (nach dem Abkühlen des jungen Planeten; vor 4 Mrd. Jahren; überwiegend Wasserdampf, auch CO2, H2S und wenig N2); zweite Atmosphäre (nach Bildung der Ozeane; H2O ist kondensiert, CO2 oder N2 als Hauptgase); dritte Atmosphäre (nach Entstehung der Lebewesen; CO2 wird assimiliert, O2 abgegeben). Hinweise auf diese Stadien und die Gasgehalte sucht man primär in geochemischen Daten, die sozusagen als „Speicher“ längst vergangener Verhältnisse angesehen werden. In den letzten Jahren sind immer mehr solche Daten gefunden worden; die Befunde sind aber durchaus unterschiedlich. Somit wird das Bild der erdatmosphärischen Stadien aber nicht klarer. Bisher lässt sich keine klare Tendenz zur Bestätigung eines bestimmten Modells erkennen.

Manche Autoren gehen derzeit von einer Uratmosphäre aus, die überwiegend N2 enthielt, und bezeichnen das als „vorherrschende Sicht“. (z. B. E. T. Wolf & O. B. Toon, Fractal organic hazes provided an ultraviolet shield for early earth (Science 2010, 4 June, p. 1266). Andererseits haben Geologen seit Darwins Zeiten Hinweise zusammengetragen, die ihrer Meinung nach für eine CO2-dominierte frühe Erdatmosphäre sprechen (B. J. Wood et al., Science 248, 337 (1990). H. Ohmoto et al., Nature 429, 395 (2004). M. J. Russell, Science 330, 754 (2010)). Dem wird entgegengehalten, dass die Vorstellungen über eine CO2-Atmosphäre zwar in den 1980er und 1990er Jahren dominierten, danach aber verschiedene geochemische Befunde für ein Abfangen des CO2 sprechen, so dass N2 dominierte. Eine hohe Methankonzentration, wie sie für manche präbiotische Szenarien benötigt wird, ist ebenfalls umstritten und die Herkunft des Methans schwierig zu erklären. In der Zeitschrift Science erschien 2010 eine kurze Diskussion (Briefwechsel) der Vertreter verschiedener Szenarien (Science 330, 754-756 (2010)). Im Hinblick auf den Sauerstoff-Gehalt der Erdatmosphäre wird gegenwärtig angenommen, dass er vor 2 Milliarden Jahren vermehrt auftrat. Die verschiedenen Szenarien können gleichzeitig nur lokal begrenzt oder nacheinander existiert haben. Die jeweils auf ihnen basierenden Modelle und Hypothesen werden derzeit parallel verfolgt. Alle Szenarien müssen wegen ihrer Nichtbeobachtbarkeit hypothetisch bleiben, das gilt daher auch für die abgeleiteten Modelle.


Studiengemeinschaft WORT und WISSEN e.V.
Letzte Änderung: 15.01.2013
Webmaster